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Inhaltsverzeichnis

Altersbedingte Funktionseinschränkungen

Altern stellt einen komplexen, irreversiblen Vorgang dar, der durch organisch bedingte Veränderungen im Bereich der Lebensfunktionen charakterisiert ist. Dem theoretisch bereits bei der Empfängnis einsetzenden Alterungsprozess (Biomorphose) stehen in der Praxis die mit fortschreitendem Lebensalter wesentlich stärker ausgeprägten degenerativen Veränderungen und funktionellen Verluste gegenüber (Seneszenz).

Bei der Betrachtung von Alterserscheinungen sollte bewusst zwischen dem chronologischen (kalendermäßigen) Alter und dem biologischen Alter unterschieden werden [1]. Durch eine Klassifizierung alter Menschen allein aufgrund ihres Lebensalters (wie sie im Rahmen von Statistiken mangels besserer Möglichkeiten immer wieder vorgenommen wird), werden hochgradig heterogene Bevölkerungsschichten geschaffen, deren Fähigkeiten in vielfacher Hinsicht nicht miteinander verglichen werden können.

Alter bedeutet zwar zunächst eine höhere Wahrscheinlichkeit, eine oder mehrere körperliche Beeinträchtigungen zu erleiden (Abbildung 1), aber es darf dabei nicht vergessen werden, dass 84% der Personen über 65 keine fremde Hilfe bei der Verrichtung alltäglicher Aktivitäten benötigen. Es wäre daher ein vollkommen falscher Blickwinkel, sie pauschal als Behinderte oder Patientinnen und Patienten und nicht als Konsumentinnen und Konsumenten zu betrachten (Abbildung 2) [2, 3, 4].

Prozentualer Anteil der in Haushalten lebenden US-Bevölkerung

Abbildung 1: Prozentualer Anteil der in Haushalten lebenden US-Bevölkerung (Quelle: US Census Bureau, nach [34, 5]).

Prozentualer Anteil der in Haushalten lebenden US-Bevölkerung (Quelle: US Census Bureau [5]), die

  1. leicht oder schwer behindert sind;
  2. schwer behindert sind;
  3. bei mindestens einer Aktivität des täglichen Lebens Probleme haben[1]
Prozentualer Anteil der in Haushalten lebenden US-Bevölkerung, die Hilfestellungen bei alltäglichen Verrichtungen benötigt – 1990/91 (Quelle: US Census Bureau WWW-Page).

Abbildung 2: Prozentualer Anteil der in Haushalten lebenden US-Bevölkerung, die Hilfestellungen bei alltäglichen Verrichtungen benötigt – 1990/91 (Quelle: US Census Bureau WWW-Page, nach [34, 4]).

In einer 1982 in den USA erstellten Studie wurde festgestellt, dass 36% jener Personen, die einen alten Menschen pflegen, selbst über 65 Jahre alt sind [7].

Für eine Reihe von Funktionen wurden die für den allgemeinen Alterungsprozess typischen Leistungsabnahmen analysiert. Sie werden in den nachfolgenden Punkten beschrieben. Es muss hier aber nochmals auf die besondere Heterogenität dieser Bevölkerungsschicht hingewiesen werden. Viele der nachfolgend ausgeführten Daten basieren auf Mittelwertbildungen und versuchen somit die typischen Leistungsdaten einer statistischen Person bestimmten Alters darzustellen, die es in der Realität nicht gibt. Vielmehr ist bekannt, dass in vielen Fällen die extremen Werte einer bestimmten Messskala wesentlich stärker besetzt sind als die Mitte [8]. Die hier genannten Werte können daher nur eine allgemeine Trendlinie darstellen.

Sehen

  1. Zunahme von Augenerkrankungen
    Mit dem Alter steigt die statistische Wahrscheinlichkeit, eine irreversible Schädigung der Augen zu erleiden, deutlich an. Tabelle 1 zeigt die für die USA erhobenen Häufigkeiten des Auftretens von Grauem und Grünem Star sowie der altersbedingten Makulopathie für drei Altersschichten zwischen 52 und 85 Jahren.

    Alter [in Jahren]Katarakt (Grauer Star) [%]Makulopathie (altersbedingt) [%]Glaukom (Grüner Star) [%]
    5264521
    657418115
    758546287

    Tabelle 1: Zunahme von Augenerkrankungen mit dem Alter [9 nach 10].

  2. Generelle Abnahme der Sehleistung (Visus)
    Zu der mit dem Alter steigenden Wahrscheinlichkeit, krankheitsbedingt eine Sehschädigung zu erleiden, kommen noch zahlreiche degenerative Prozesse des Auges hinzu. Aus Abbildung 3 ist ersichtlich, dass die Sehleistung (Sehschärfe, Visus, Abk.: V) trotz Korrektur durch Brillen oder Kontaktlinsen statistisch beginnend mit dem 40. Lebensjahr pro Lebensjahrzehnt um rund 0.1  V abnimmt. In der Altersgruppe 6574 Jahre besitzen 92% der Personen einen Visus besser als 0.8 (bei bestmöglicher Korrektur), für die Altersgruppe 7584 sinkt dieser Wert jedoch auf 69% [10].

    Abnahme der korrigierten und unkorrigierten Sehleistung mit dem Alter.

    Abbildung 3: Abnahme der korrigierten und unkorrigierten Sehleistung mit dem Alter, [34] [9] nach [35].

  3. Verringerung des Akkommodationserfolges und der Akkommodationszeit
    Unter dem Akkommodationserfolg wird die in Dioptrien (dpt) gemessene Brechkraft-Differenz verstanden, zu der die Augenlinse maximal fähig ist. Für das emmetrope (normalsichtige) bzw. durch Brille oder Kontaktlinse korrigierte Auge ist das die Differenz zwischen Fernakkommodation und Akkommodation auf die minimal mögliche Distanz.

    Während das jugendliche Auge im Mittel einen Akkommodationserfolg von 12  dpt aufweist, reduziert sich dieser Wert besonders im Lebensabschnitt zwischen 40 und 50 Jahren, sodass dann der mittlere Akkommodationserfolg lediglich 2  dpt beträgt. Abbildung 4 zeigt die typischen Verläufe für den Akkommodationserfolg zwischen 10 und 70 Jahren.

    Verringerung des Akkommodationserfolges mit dem Alter.

    Abbildung 4: Verringerung des Akkommodationserfolges mit dem Alter [11].

    Die altersbedingte Reduktion des Akkommodationserfolges bedeutet eine zunehmende Verringerung jenes Bereiches, auf den das Auge scharfstellen kann. Zur Erzielung eines scharfen Bildes im üblichen Leseabstand von 35  cm bis 40  cm benötigt das alterssichtige (presbyope) Auge eine Brechkrafterhöhung durch eine Lesebrille. Wird eine solche Brille getragen, dann können größere Entfernungen nicht scharf wahrgenommen werden.

    Abbildung 5 zeigt den scharf wahrnehmbaren Bereich, wenn zur Erreichung des Leseabstandes (35  cm bis 40  cm) eine Brille verwendet wird. Im Alter von 50 Jahren kann so im Durchschnitt noch auf einen Bereich zwischen 35  cm und 80  cm akkommodiert werden. Mit 60 Jahren ist dieser Bereich bereits auf 10  cm (35  cm bis 45  cm) eingeschränkt. Ein Gegenstand, der scharf wahrgenommen werden soll, muss sich also innerhalb dieses kleinen Bereiches befinden.

    Die Zeit, die das Auge benötigt, um auf eine andere Entfernung scharfzustellen, wächst mit dem Alter. Für einen Blickwechsel von der Ferne auf einen nahen Gegenstand (z. B. Blickwechsel von der Fahrbahn auf das Armaturenbrett) benötigt eine 50-jährige Person die doppelte bis dreifache Zeit verglichen mit einer 20-jährigen Person (Abbildung 6).

    Bereich des scharfen Sehens, wenn der Nahpunkt durch Verwendung einer Brille ungefähr auf 40 cm (Leseabstand) gehalten wird.

    Abbildung 5: Bereich des scharfen Sehens, wenn der Nahpunkt durch Verwendung einer Brille ungefähr auf 40;cm (Leseabstand) gehalten wird [11].

    Zunahme der Akkommodationszeit mit dem Alter.

    Abbildung 6: Zunahme der Akkommodationszeit[3] mit dem Alter [11].

  4. Veränderung der spektralen Empfindlichkeit
    Bereits die jugendliche Augenlinse besitzt zur Verringerung der chromatischen Aberration eine Gelbfärbung. Die spektralen Transmissionseigenschaften verändern sich aber im Laufe der Lebensjahre durch zusätzliche verstärkte Gelbfärbung von Eiweißstoffen der Linse (Abbildung 7) [11]. Das hat zur Folge, dass im Alter wesentlich weniger blaue Anteile durchgelassen werden und violette sowie blaue Gegenstände dunkler wahrgenommen werden [8]. Dabei ist zu beachten, dass das menschliche Auge von vornherein für Blau die geringste Empfindlichkeit aufweist.

    Transmissionskurven der Augenlinse in unterschiedlichem Lebensalter.

    Abbildung 7: Transmissionskurven der Augenlinse in unterschiedlichem Lebensalter [11].

    Mit zunehmendem Alter wird die wahrgenommene Farbsättigung und Farbdiskriminierung (besonders für Blau und Grün) geringer. Farben wirken „ausgewaschen“ [9]. Die Gelbfärbung der Linse wird von der alten Person jedoch nicht als Farbstich wahrgenommen.

  5. Höherer Licht- und Kontrastbedarf
    Deutlich dem Alterungsprozess unterworfen ist auch der Pupillendurchmesser. Der maximale Durchmesser nimmt mit dem Alter kontinuierlich ab. Während das Auge einer 20-jährigen Person mit einem Kameraobjektiv der Lichtstärke 2 verglichen werden kann, beträgt die größte „Blende“ einer 80-jährigen Person nur 5.6. Das ist eine Verringerung um etwa 3 Blendenstufen, was der Reduktion der auf die Netzhaut fallenden Lichtmenge um den Faktor 8 gleichkommt. Damit erklärt sich der im Alter deutlich höhere Lichtbedarf (Tabelle 2 und Abbildung 8).

    Alter [Jahre]min. (Tag)max. (Nacht)
    Ø [mm]fØ [mm]f
    204.748.02
    403.946.02.8
    603.15.64.14
    802.382.55.6

    Tabelle 2: Altersabhängigkeit des Pupillendurchmessers – f ist die dem äquivalenten fotografischen System entsprechende gerundete Blendenzahl [12, 11].

    Abhängigkeit des Pupillendurchmessers vom Alter.

    Abbildung 8: Abhängigkeit des Pupillendurchmessers vom Alter [34, 11].

    1. Bei Dunkelakkommodation;
    2. Bei Hellakkommodation.

    Auch bei photopischen Verhältnissen ist der Pupillendurchmesser einer über 60-jährigen Person wesentlich geringer als in der Jugend, sodass der die Retina einer 60-jährigen Person erreichende Lichtstrom nur 1/3 einer 20-jährigen Person beträgt und somit die für vergleichbare Sehleistung erforderliche Beleuchtungsstärke dreimal so groß ist [11]. Besonders bei alten Menschen ist die durch Erhöhung der Beleuchtungsstärke erzielbare Verbesserung der Sehleistung signifikant. Nach [9] steigt die Sehleistung und der Sehkomfort proportional mit der Quadratwurzel der zur Verfügung gestellten Lichtmenge.

    Eine Erhöhung der Lichtmenge veranlasst die Iris, einen kleineren Pupillendurchmesser zu formen. Jede derartige Abblendung eines optischen Systems bringt mehr Schärfe und mehr Tiefenschärfe. Der kleine Pupillendurchmesser im Alter stellt eine gewisse Kompensation für das presbyope Auge dar und verursacht einen Akkommodationsgewinn zwischen 0.5  dpt und 0.75  dpt [11].

    Abbildung 9 zeigt den Zusammenhang zwischen Sehleistung (Lesen von Buchstaben verschiedener Größe), Alter und Beleuchtungsstärke. Während Personen im Alter zwischen 30 und 40 Jahren kaum einen Vorteil aus höheren Beleuchtungsstärken ziehen, ist der Zuwachs an Leseleistung für ältere Personen beachtlich [13].

    Zusammenhang zwischen gerade noch lesbarer Schriftgröße, Beleuchtungsstärke und Alter gemessen mit schwarzer Schrift auf weißem Untergrund (Kontrast 100%).

    Abbildung 9: Zusammenhang zwischen gerade noch lesbarer Schriftgröße [pt], Beleuchtungsstärke [lx] und Alter gemessen mit schwarzer Schrift auf weißem Untergrund (Kontrast 100%) [34, 13].

Hören

Die Zahl der innerhalb einer Altersgruppe von Hörbehinderung betroffenen Personen steigt mit dem Alter nahezu exponentiell an. Abbildung 10 zeigt als Beispiel die Auswertung einer Statistik aus Holland [14].

Die Hörschwelle für reine Töne im oberen Hörbereich (z. B. 8  kHz) steigt bei erwachsenen Menschen regelmäßig mit einer Rate von etwa 1  dB pro Lebensjahr. Tiefe Töne (z. B. 1  kHz) sind weit weniger betroffen. Hier beträgt die jährliche Erhöhung der Hörschwelle zwischen dem 20. und 60. Lebensjahr lediglich rund 0.3  dB/a. In späteren Jahren erhöht sich die Rate jedoch auf bis zu 1.3  dB/a (Abbildung 11). Männer sind in der Regel von altersbedingten Hörverlusten stärker betroffen als Frauen [9, 15].

Zunahme von Hörbehinderungen mit dem Alter (Holland).

Abbildung 10: Zunahme von Hörbehinderungen mit dem Alter (Holland) [34, 36, 14].

Verlauf der Hörschwelle mit zunehmendem Alter.

Abbildung 11: Verlauf der Hörschwelle mit zunehmendem Alter [34, 15].

Geruch und Geschmack

Die altersbedingten Veränderungen der Wahrnehmungsschwellen beim Geschmackssinn sind je nach Geschmacksrichtung unterschiedlich. Während die Schwelle für „süß“ (z. B. Zuckerlösungen) auch im Alter stabil bleibt, nimmt die Wahrnehmung für „salzig“ und „bitter“ mit dem Alter ab.

Die Empfindlichkeit für Gerüche nimmt mit dem Alter generell ab. Das bedeutet nicht nur, dass ältere Menschen dadurch weniger Freude am Essen haben (hier spielt ja neben dem Geschmackssinn der Geruchssinn die bedeutendere Rolle), es entsteht auch ein erhöhtes Risiko, weil austretendes Gas oder verdorbene Lebensmittel nicht zuverlässig wahrgenommen werden können [9].

Kraft, Bewegung, Mobilität

  1. Kraft
    Mit dem Alter nimmt die Muskelkraft der gesamten Muskulatur gleichförmig ab. Wird kein besonderes Training einzelner Muskelpartien vorgenommen, dann kann aus den Werten einiger weniger Messungen auf den Gesamtzustand geschlossen werden. Abbildung 12 zeigt als Beispiel die altersbedingte Abnahme der Kraft, die eine Person beim Greifen mit der Hand aufbringen kann. Die Muskelkraft erreicht zwischen 20 und 25 Jahren ihr Maximum (im Diagramm auf 100% normiert).

    Da die Haut im Alter trockener ist als in der Jugend, sinkt auch der Reibungskoeffizient zwischen den Fingern und einem zu manipulierenden Gegenstand. Das heißt, dass bei allen kraftschlüssigen Betätigungen (z. B. Heben eines glatten Gegenstandes) entsprechend mehr Kraft aufgewendet werden muss [15].

    In einer Untersuchung in den Niederlanden wurde festgestellt, dass rund 15% der Personen im Alter über 55 Jahre (das sind 600000 Einwohner) nennenswerte Schwierigkeiten haben, eine Masse von 5  kg über eine Entfernung von 10  m zu transportieren [16].

    Greifkraft als Funktion des Alters (Maximum = 100%)

    Abbildung 12: Greifkraft als Funktion des Alters (Maximum = 100%) [34, 37].

  2. Gehgeschwindigkeit
    Die Gehgeschwindigkeit gesunder Personen nimmt ab einem Alter von 50 Jahren ab (Tabelle 3):

    Alter [Jahre]Gehgeschwindigkeit
    [m/s][km/h]
    MännerFrauenMännerFrauen
    20501.421.425.115.11
    60791.211.164.364.18

    Tabelle 3: Abhängigkeit der Gehgeschwindigkeit vom Alter – Gesunde Personen [17]

    Werden auch Personen mit Mobilitätsbehinderung (sie verwenden Stock oder Krücke) einbezogen, ergibt sich nach einer finnischen Studie folgendes Bild (Tabelle 4):

    Alter 7080 JahreGehgeschwindigkeit
    [m/s][km/h]
    min.max.min.max.
    gesund0.841.583.025.69
    mit Gehhilfe0.180.680.652.45

    Tabelle 4: Gehgeschwindigkeit alter Personen – Gesunde Personen und Personen, die Gehhilfen verwenden – Laborwerte von 55 Versuchspersonen [18]

    Die Gehgeschwindigkeit einer Person ist proportional der zur ihr Verfügung stehenden Muskelkraft, wobei dem Strecken des Kniegelenkes eine wesentliche Rolle zukommt.

    Verglichen mit gleichaltrigen Männern verfügen alte Frauen über wesentlich geringere Muskelkraft: 80-jährige Frauen 66%, 8-jährige Frauen 54% [17]. Frauen sind daher im Alter in der Regel anfälliger für Mobilitätsbehinderungen als gleichaltrige Männer.

  3. Stürze
    Mit zunehmendem Alter nimmt einerseits die Kraft ab, die erforderlich ist, um den Körper im Gleichgewicht zu halten. Andererseits tragen auch die verminderten Funktionen des Gleichgewichtsorgans (Vestibularapparat), der Propriozeption und der visuellen Wahrnehmung zu einem erhöhten Sturzrisiko im Alter bei [19, 20]. Ein Drittel aller Personen mit einem Alter von über 65 Jahren erleiden mindestens einen Sturz jährlich. Stürze sind für 80% der Verletzungen und für 90% der Knochenbrüche bei alten Menschen verantwortlich. Stürze stellen die fünft-häufigste Todesursache bei alten Menschen dar [21, 22].

    01415444564657475+Summe
    Männer191782472046981346
    Frauen144520626119692486

    Tabelle 5: Stürze als Todesursache in Abhängigkeit vom Alter Office of Population Censuses and Surveys, Großbritannien, 1986; aus [22].

Kognitive Faktoren

  1. Umgang mit Technik
    Eine Untersuchung über den Umgang älterer Menschen mit technischen Geräten bzw. mit den Interfaces von technischen Geräten in Japan hat gezeigt, dass es einerseits Typen von Geräten bzw. Interfaces gibt, die mit zunehmendem Alter immer größere Probleme bereiten (z. B. Videorecorder und Bankomaten), dass es aber auch technische Produkte gibt, die trotz fortgeschrittenem Alter keine oder zumindest kaum Probleme bereiten (z. B. Telefon oder Fernseher) [23].

    Probleme älterer Menschen mit technischen Geräten.

    Abbildung 13: Probleme älterer Menschen mit technischen Geräten [34, 23].

    In diesem Zusammenhang ist erwähnenswert, dass sich die der älteren Bevölkerung nachgesagte Technikfeindlichkeit nicht generell bestätigen lässt. Für die Akzeptanz technischer Einrichtungen (also auch technischer Hilfen) ist es aber erforderlich, dass die Bedienung einfach verständlich ist und sich in die Erfahrungen der alten Person harmonisch einfügt (also für sie sinnenfällig und stimmig ist).

  2. Demenz
    Mit Demenz wird eine progrediente (fortschreitende) degenerative Veränderung des Gehirns bezeichnet, die sich in drei Hauptbereichen auswirkt (andere Quellen bilden fünf Gruppen) [24, 25]:

    • Kognitive Beeinträchtigungen: Störung des Gedächtnisses (vornehmlich des Kurzzeitgedächtnisses), Einschränkungen des abstrakten und rationalen Denkens und des Urteilsvermögens, Unfähigkeit bzw. Schwierigkeit sich an konkrete Abläufe zu erinnern (Reihenfolge beim Ankleiden), Probleme beim Sprechen und beim Benennen, Desorientierung in Bezug auf Datum, Zeit, Wohnort (Gefahr des „Wanderns“), räumliche Desorientierung (Unvermögen, einen bestimmten Raum zu finden – WC, Bad etc.).
    • Emotionelle, verhaltensmäßige und auf das Persönlichkeitsbild wirkende Beeinträchtigungen: Depression, Angst, Streitsucht, Psychosen, Halluzinationen, Paranoia, Schlafstörungen.
    • Physische Beeinträchtigungen: Unsicherer Gang, Tendenz zum Fallen, Inkontinenz.

    Die am meisten verbreitete Ursache für Altersdemenz ist die Alzheimer-Krankheit. Andere Ursachen und Formen sind unter anderem die Lewy-Körper-Demenz, vaskuläre Hirnerkrankungen, Creutzfeldt-Jakob-Krankheit, HIV-Erkrankung und Alkohol-Demenz [26, 27].

    Der typische Verlauf geschieht in mehreren Stufen [28, 29]:

    • Beginn der Erkrankung, keine Symptome.
    • Vergesslichkeit, Verirren, Verlegen von Gegenständen, Wortfindungsprobleme.
    • Mehrstufige Aufgaben können nicht mehr ohne fremde Hilfe bewältigt werden.
    • Störungen in der Wahrnehmung der Umwelt, Sprachverlust, motorische Verluste.

    Die Zunahme von Demenz mit dem Alter ist signifikant. Aus Österreich werden 185000 Erkrankungen berichtet. Bis zum Jahr 2020 wird mit einem Anstieg um 44% (in Deutschland sogar um 47%) gerechnet. Für Europa rechnet man im Zeitraum 2000 bis 2050 mit einer Verdopplung der Demenz-Fälle [30]. Nach einer finnischen Statistik sind nur 3% der 75-Jährigen aber bereits 23 bis 30% der 85-Jährigen davon betroffen [31, 25]. Den Anstieg der Alzheimer Erkrankungen in den USA[2] und die Prognose für 2050 zeigt Abbildung 14. Weltweit rechnet man derzeit mit 18  Mio. Alzheimer Patienten und Patientinnen und einem Anstieg auf 80  Mio. bis zum Jahr 2050 [32, 28, 33].

    Anstieg der Erkrankungen an Alzheimer in den USA.

    Abbildung 14: Anstieg der Erkrankungen an Alzheimer in den USA [34, 28].

    Neben einer durch organische Veränderungen ausgelösten Demenz wird oft auch die sogenannte „Pseudodemenz“ beobachtet, von der z. B. Personen betroffen werden können, die in fortgeschrittenem Alter durch einen Krankenhausaufenthalt aus ihrer gewohnten Umgebung herausgerissen werden (Hospitalisierungs-Demenz).

Attribuierung/Zitierung

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Zitierung

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  • Autor: Dr. Wolfgang L. Zagler
  • Titel: Rehabilitationstechnik
  • Datum: 1. März 2008
  • Ort: Wien, Österreich
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  • Kapitel URL:

Fußnoten

  1. Die Angaben gelten für den Bevölkerungsdurchschnitt. Schwarze sind stärker von Behinderungen betroffen. Z. B. Altersstufe 5564 Jahre: Weiße: 20%; Schwarze 35% [6]. ↩︎

  2. Für die USA werden die Gesamtkosten für Wirtschaft und Staat für die an Alzheimer erkrankten Menschen auf jährlich mindestens 100 Milliarden Dollar geschätzt (2002) [33]. ↩︎


Abkürzungsverzeichnis

USA
United States of America
WWW
World Wide Web
z. B.
zum Beispiel

Abbildungsverzeichnis

  • Abbildung 1: Prozentualer Anteil der in Haushalten lebenden US-Bevölkerung (Quelle: US Census Bureau, nach [34, 5]).

  • Abbildung 2: Prozentualer Anteil der in Haushalten lebenden US-Bevölkerung, die Hilfestellungen bei alltäglichen Verrichtungen benötigt – 1990/91 (Quelle: US Census Bureau WWW-Page, nach [34, 4]).

  • Abbildung 3: Abnahme der korrigierten und unkorrigierten Sehleistung mit dem Alter, [34] [9] nach [35].

  • Abbildung 4: Verringerung des Akkommodationserfolges mit dem Alter [11].

  • Abbildung 5: Bereich des scharfen Sehens, wenn der Nahpunkt durch Verwendung einer Brille ungefähr auf 40;cm (Leseabstand) gehalten wird [11].

  • Abbildung 6: Zunahme der Akkommodationszeit[3:1] mit dem Alter [11].

  • Abbildung 7: Transmissionskurven der Augenlinse in unterschiedlichem Lebensalter [11].

  • Abbildung 8: Abhängigkeit des Pupillendurchmessers vom Alter [34, 11].

  • Abbildung 9: Zusammenhang zwischen gerade noch lesbarer Schriftgröße [pt], Beleuchtungsstärke [lx] und Alter gemessen mit schwarzer Schrift auf weißem Untergrund (Kontrast 100%) [34, 13].

  • Abbildung 10: Zunahme von Hörbehinderungen mit dem Alter (Holland) [34, 36, 14].

  • Abbildung 11: Verlauf der Hörschwelle mit zunehmendem Alter [34, 15].

  • Abbildung 12: Greifkraft als Funktion des Alters (Maximum = 100%) [34, 37].

  • Abbildung 13: Probleme älterer Menschen mit technischen Geräten [34, 23].

  • Abbildung 14: Anstieg der Erkrankungen an Alzheimer in den USA [34, 28].


Tabellenverzeichnis

  • Tabelle 1: Zunahme von Augenerkrankungen mit dem Alter [9 nach 10].

  • Tabelle 2: Altersabhängigkeit des Pupillendurchmessers – f ist die dem äquivalenten fotografischen System entsprechende gerundete Blendenzahl [12, 11].

  • Tabelle 3: Abhängigkeit der Gehgeschwindigkeit vom Alter – Gesunde Personen [17]

  • Tabelle 4: Gehgeschwindigkeit alter Personen – Gesunde Personen und Personen, die Gehhilfen verwenden – Laborwerte von 55 Versuchspersonen [18]

  • Tabelle 5: Stürze als Todesursache in Abhängigkeit vom Alter Office of Population Censuses and Surveys, Großbritannien, 1986; aus [22].


Quellenverzeichnis